Interview: Cornelia Freund
ED: Wie sind Sie zu dem Thema gekommen? Was macht die Arbeit an der Professur für Autonomous Aerial Systems bzw. die Arbeit mit Flugrobotern für Sie interessant?
Yuxia Yuan: Meine akademische Reise begann mit einem Bachelor-Abschluss in Automatisierungstechnik, wo ich eine solide Grundlage in Dynamik, Steuerungssystemen und Robotik erwarb. Während meines Studiums habe ich an einem Smart-Vehicle-Wettbewerb und einem Quadrotor-Wettbewerb teilgenommen. Diese Erfahrungen lösten meine Faszination für die Steuerungstheorie und ihre praktischen Anwendungen aus und motivierten mich, einen Master-Abschluss in Robotik zu machen.
Während meines Masterstudiums arbeitete ich an Projekten in den Bereichen Signalverarbeitung, Roboternavigation, Steuerungsalgorithmen und maschinelles Lernen, die vor allem in mobilen Robotern und Exoskeletten Anwendung fanden. Nach Abschluss meines Masterstudiums habe ich an der TU Delft an automatisierten Fahrzeugen gearbeitet. Es dauerte einige Zeit, bis ich die richtige Richtung für meine Forschung gefunden hatte. Jetzt freue ich mich, mit Prof. Markus Ryll an der Professur für Autonomous Aerial Systems zu arbeiten.
Was mich an der Arbeit mit Flugrobotern reizt, ist die Möglichkeit, Spitzentechnologie mit praktischen Anwendungen zu verbinden. Die Professur bietet ein dynamisches Umfeld, das sich auf innovative Forschung, Problemlösungen und die Zusammenarbeit mit führenden Expert:innen auf dem Gebiet der Flugroboter konzentriert. Ich schätze auch das unterstützende Arbeitsumfeld, die kollegiale Atmosphäre und vor allem die Anleitung von Markus Ryll, dessen Mentorschaft von unschätzbarem Wert ist.
ED: An welchem Promotionsprojekt arbeiten Sie gerade?
Yuxia Yuan: Meine Doktorarbeit befasst sich mit der Modellierung, Steuerung und Optimierung von Frachttransporten mit Quadrotor Uncrewed Aerial Vehicles (UAV). Das Hauptziel ist die Entwicklung robuster Steuerungsalgorithmen, die einen stabilen und effizienten UAV-Betrieb unter wechselnden Last- und Umweltbedingungen gewährleisten. Dazu gehört die Formulierung dynamischer Modelle, die das gekoppelte Verhalten von UAV und Ladung genau erfassen, die Entwicklung von Kontrollstrategien, die in der Lage sind, mit externen Störungen und Lastschwankungen umzugehen, und die Gewährleistung einer präzisen Flugbahnverfolgung, um einen sicheren und effizienten Frachttransport zu erreichen.
ED: Eine der größten Hürden ist, dass bisher kein Modell für das Zusammenspiel von Fahrzeug und Last erstellt wurde. Was sind die Herausforderungen im Bereich der Quadrotor-Forschung mit schwingender Last, und was ist Ihr Ziel?
Yuxia Yuan: Im Zusammenhang mit der Steuerung von UAV mit kabelgebundenen Lasten liegt die primäre Herausforderung in der Bewältigung der komplexen dynamischen Interaktion zwischen dem UAV und der Last. Im Gegensatz zu starr befestigten Nutzlasten führen hängende Lasten zusätzliche Freiheitsgrade ein, was zu einer gekoppelten, nichtlinearen und unzureichend gesteuerten Dynamik führt. Diese Komplexität macht eine genaue Modellierung und den Entwurf von Reglern zu einer besonderen Herausforderung.
Mein Ziel ist es, diese Herausforderungen zu meistern, indem ich skalierbare Modelle und fortschrittliche Steuerungsstrategien entwickle, die die Zuverlässigkeit und Effizienz von UAVs mit schwebenden Lasten verbessern. Diese Forschung soll zu sichereren und vielseitigeren UAV-Anwendungen in der Logistik, im Bauwesen und bei der Katastrophenhilfe beitragen.
ED: Wie sieht Ihre tägliche Forschungsarbeit aus? Wie viel Zeit investieren Sie in die technische Entwicklung von UAV, und wie viel Zeit wird für Modellierung, Simulation und Analyse aufgewendet?
Yuxia Yuan: Meine tägliche Forschungsarbeit hängt von der jeweiligen Phase des Projekts ab. Zu Beginn einer neuen Studie nehme ich mir Zeit für eine gründliche Literaturrecherche, um den aktuellen Stand des Fachgebiets zu verstehen. Darauf folgt eine intensive Arbeit an der Modellformulierung und der Entwicklung von Algorithmen.
Sobald die theoretischen Grundlagen geschaffen sind, teste ich die Modelle und Algorithmen durch Simulationen. Nachdem ich zufriedenstellende Simulationsergebnisse erzielt habe, führe ich Experimente mit echten UAVs durch, um die Ergebnisse zu validieren. In dieser Phase stoße ich oft auf verschiedene technische Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Das ist normal und zu erwarten, denn zwischen Simulation und Realität klafft immer eine Lücke, und diese Lücke zu überbrücken ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit.
Wenn die Ergebnisse vielversprechend sind, plane ich, eine Publikation zu schreiben und einzureichen, was einer der wichtigsten Aspekte der Arbeit von Doktorand:innen ist. Obwohl es schwierig ist, den genauen Zeitaufwand zu beziffern, schätze ich, dass mehr als 50 Prozent meiner Zeit der Problemformulierung, Modellierung und Algorithmenentwicklung gewidmet sind, während mindestens 20 Prozent auf praktische technische Entwicklung und Experimente entfallen.
ED: Welche Veränderungen möchten Sie in Zukunft erreichen?
Yuxia Yuan: In Zukunft möchte ich dazu beitragen, dass autonome Luftfahrtsysteme in der Praxis auf breiter Basis eingesetzt werden. Ich möchte, dass die UAV-Technologie zuverlässiger und autonomer wird und sich nahtlos in verschiedene Sektoren integrieren lässt.
Mein Ziel ist es insbesondere, robuste, skalierbare Lösungen für Fracht-UAVs zu entwickeln, die in komplexen, dynamischen Umgebungen mit minimalem menschlichen Eingriff sicher und effizient arbeiten können. Dieser Fortschritt könnte die Einsatzmöglichkeiten von UAVs in der humanitären Hilfe, der Umweltüberwachung und der Inspektion von Infrastrukturen erheblich erweitern und damit letztlich die gesellschaftlichen Ergebnisse verbessern.
Mein Ziel ist es, dass UAVs zu einem integralen Bestandteil des täglichen Lebens werden, um komplexe Herausforderungen zu bewältigen und die Effizienz in verschiedenen Branchen zu steigern.
Publikation:
Yuxia Yuan and Markus Ryll, Dual Quaternion Control of UAVs with Cable-suspended Load, 2024
Studiengänge:
Aerospace B. Sc.
Aerospace M. Sc.
Aerospace Engineering M. Sc. (TUM Asia)
Professur für Autonomous Aerial Systems
Das Forschungsgebiet von Prof. Markus Ryll ist, wie seine Interessen, interdisziplinär: Die Mitarbeitenden der Professur bringen Wissen aus vielen Bereichen mit, vom Drohnenbau bis zur Programmierung. Eine Leidenschaft für Robotik und Informatik ist ebenso willkommen wie für Mechanik oder Physik.
Der Fokus liegt auf vollaktuierten Flugsystemen, also Drohnen, die ihre Position und Orientierung selbstständig steuern können. Dadurch sind diese Systeme herkömmlichen Hubschraubern in ihrer Manövrierfähigkeit überlegen.
Seine Forschungsschwerpunkte sind die Mensch-Maschine-Interaktion, Sensoren für Hochgeschwindigkeitsflüge und Drohnen für den Transport von Gegenständen und Personen.