Chlorella vulgaris, eine mikroskopisch kleine Grünalge mit einem Durchmesser von zwei bis zehn Mikrometern, spielt dabei eine zentrale Rolle. Diese Alge vermehrt sich schnell, und in nur 8 Stunden kann sich die Zellpopulation verdoppeln. Sie benötigt wenig Platz und Wasser, produziert Sauerstoff und ist reich an Proteinen, was sie ideal für die Unterstützung der astronautischen Raumfahrt als Teil des LSS macht, indem sie atembare Luft und essbare Biomasse liefern.
In Zusammenarbeit mit dem TUM-AlgaeTec Center, das Erfolge bei der Nutzung von Algen für Biokerosin und Kohlefaserproduktion vorweisen kann, nutzt Detrells Team modernste Einrichtungen. Diese umfassen spezialisierte Glasgebäude, die UV-Strahlung zulassen, LED-Beleuchtung, die verschiedene Umweltbedingungen simuliert, und fortschrittliche Klimasysteme, die Tag-Nacht-Zyklen auf Mond und Mars nachbilden.
Im Fokus der Arbeit steht die Konstruktion eines effizienten Photobioreaktors, in dem die Algen kultiviert werden. So untersuchen die Forschenden optimale Bedingungen für das Wachstum von Mikroalgen wie Temperatur, Lichtintensität und Gaskonzentration, um die Langzeitstabilität dieser Systeme unter den harten Bedingungen des Weltraums sicherzustellen.
Bisherige LSS auf der Internationalen Raumstation (International Space Station, ISS) basieren auf physikalisch-chemischen Prozessen, die regelmäßige Versorgungsmissionen erfordern. Mikroalgenbasierte LSS bieten eine vielversprechende Alternative, die einen Großteil des Sauerstoffs und der Nahrungsmittel für die Besatzung liefern könnte. Obwohl ihr hoher Proteingehalt ihren Beitrag zur Ernährung auf maximal 10 bis 30 Prozent begrenzt, könnten Mikroalgen die Nachhaltigkeit von Raumfahrtmissionen erheblich verbessern.
Die Forschung an der TUM stellt die ersten Schritte zur Realisierung dieser fortschrittlichen LSS dar. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Biotechnologie-Expert:innen und die Nutzung modernster Einrichtungen strebt das Team an, das erste Mikroalgen-Experiment auf der Mondoberfläche durchzuführen. Diese Pionierarbeit könnte die Art und Weise revolutionieren, wie die Menschheit die Lebenserhaltung für Langzeit-Weltraummissionen angeht und sicherstellt, dass zukünftige Astronaut:innen die notwendigen Ressourcen haben, um Mikroalgen außerhalb der Erde züchten zu können.
Mikroalgen benötigen eine sehr komplexe Technologie, um kontrolliert und stabil als Teil eines LSS kultiviert werden zu können: einen Photobioreaktor. Dieser besteht aus einer Reaktorkammer, einem Beleuchtungssystem, das aus blauen und roten LEDs bestehen kann. Darüber hinaus ist ein Gasaustausch erforderlich: Die Algen benötigen Kohlendioxid, während der produzierte Sauerstoff extrahiert und der Besatzung zur Verfügung gestellt werden muss. Schließlich ist ein "Flüssigkeitsaustausch" erforderlich: Frische Nährstoffe müssen zugeführt werden, wenn sie verbraucht werden, und die erzeugte Biomasse ("potenzielle Nahrung") muss extrahiert und weiterverarbeitet werden. Das Team von Prof. Detrell wird sich auf die optimale Gestaltung dieser Technologie und der Kultivierungstechniken für zukünftige Weltraummissionen konzentrieren.
Das TUM-AlgaeTec Center, etabliert in Kooperation mit Airbus Group, auf dem Ludwig Bölkow Campus in Ottobrunn, ist führend in der Massenkultivierung von Algen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen. Diese Einrichtung bietet eine einzigartige Möglichkeit, mit Mikroalgen für zukünftige Raumfahrtanwendungen zu forschen. Detrell ist überzeugt: „Wir werden beweisen, dass die Langzeit-Kultivierung der Mikroalgen im All möglich ist.“
Links:
Prof. Gisela Detrell
Professur für Human Spaceflight Technology
TUM Forschungsökosystem Algen
Lehrstuhl für Synthetische Biotechnologie
TUMCREATE Proteins4Singapore