In Zeiten der Energieknappheit und steigender Energiekosten stehen Kulturerbebauten (englisch: Memory Institutions), etwa Museen, Archive, Bibliotheken und Depots, vor enormen zusätzlichen Aufwendungen bei ihrer Errichtung und Instandhaltung. Zudem stellen sich aufgrund der stetig verschärfenden Klimakrise folgende Fragen: Wie kann ein angemessener Betrieb solcher Gebäude aussehen? Wie können Bestandgebäude weiterentwickelt werden? Wie müssen potenzielle Neubauten von Memory Institutions nachhaltiger errichtet werden?
Die Besonderheit bei Kulturerbebauten liegt in der Wechselwirkung zwischen Objekten, Gebäuden, Besucherinnen und anderen Nutzern. Dabei ist zukünftig ein zentrales und grundlegendes Kriterium beim Planen und Ausführen des Baus die Nachhaltigkeit. Museen und Sammlungseinrichtungen müssen ihren vergleichsweise hohen CO2-Fußabdruck verringern, um den Auswirkungen der globalen Klimakrise entgegenzuwirken und Ressourcen zu reduzieren. Ein Beispiel ist das optimale Raumklima hinsichtlich der Belüftung, Temperatur und Feuchtigkeit. Nach heutigem Standard werden die Räume mit der maximalen Technik betrieben, um die Raumluft zu konditionieren und zu klimatisieren. Aus konservatorischer Sicht wäre dieser Maximalbetrieb aber gar nicht notwendig. Entsprechend schädlich ist dieses bisherige Vorgehen für das Klima.
Die Forscherinnen und Forscher analysieren im Projekt deshalb zunächst das Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Anschließend überprüfen sie, inwiefern sich das Bewertungssystem auf Kulturerbebauten übertragen lässt. Dabei müssen die Vorgaben zur präventiven Konservierung des archivierten Kulturerbes auf Basis eines ganzheitlichen Risikomanagements neu bewertet werden. Grundlagen dafür liefern bauwerksbezogene Elemente wie digitale Modelle (Building Information Modeling, BIM), thermisch-dynamische Simulationen sowie das direkte Monitoring durch Sensorik am Bauwerk. Durch die Sensordaten lassen sich so beispielsweise Modelle anpassen und optimieren. Dies wird den notwendigen Übergang von einer protokoll- zu einer prozessgesteuerten Entscheidungskultur markieren, die sich im Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ für Memory Institutions finden muss. Am Ende des zweijährigen Forschungsprojekts sollen neue Planungsansätze für Museen, Archive, Bibliotheken und Depots entstehen.
Die Wissenschaftler:innen aus den vier Forschungsinstitutionen konzentrieren sich daher auf die Analyse von vier Kernbereichen, zielgerichtet auf das Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“:
- angemessene Schutzanforderung an Objekte, Sammlungen und Gebäude
- angemessene Gebäude-Technik-Systeme
- Empfehlung zu geeigneten Sensortechniken und Überwachungssystemen für ein Bauwerksmodell im Sinne eines Digitalen Zwillings
- Konzeption eines Memory-Institutions-Moduls für das Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“
Das Gemeinschaftsforschungsprojekt „Ressourcenoptimierte Kulturerbebauten (Memory Institutions) – ReKult“ wird gefördert durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Forschungsträger ist das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR).
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. habil. Christian U. Große
Lehrstuhls für Zerstörungsfreie Prüfung