Die genaue Vermessung der Erde ist noch nicht abgeschlossen. Gerade im Hinblick auf Klimawandel und Naturkatastrophen ist sie jedoch von zentraler Bedeutung: Die genaue Beschreibung der Erdoberfläche ist zum Beispiel entscheidend, wenn es um den Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Polkappen geht – eine der derzeit am ungenauesten bestimmten Größen.
Das übergeordnete Ziel der neu eingerichteten Forschungseinheit ist die Bestimmung hochgenauer und langzeitstabiler geodätischer Referenzsysteme. Globale Bezugsrahmen sind die messtechnische Grundlage für die Überwachung des Erdsystems und andere Anwendungen, z. B. die Quantifizierung von Veränderungsprozessen im Erdsystem, etwa durch Geodynamik und Klimawandel, sowie die Positionierung und Navigation auf der Erde und im Weltraum. Das Thema ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz, weshalb die Vereinten Nationen am 26. Februar 2015 die UN-Resolution "Global Geodetic Reference Frame for Sustainable Development" (GGRF, www.unggrf.org) verabschiedet haben.
Globale geodätische Bezugsrahmen werden durch eine Kombination von Messungen der vier wichtigsten raumgeodätischen Verfahren bestimmt, die alle auf Zeitmessungen beruhen. Die Kombination erfolgt in der Regel durch lokale Vermessungen an weltweit verteilten Stationen, die verschiedene Techniken beobachten. Die lokale Vermessung bezieht sich jedoch nur auf die Geometrie der Messsysteme, aber nicht auf deren wahre Referenzpunkte, so dass systematische Fehler unvermeidbar sind. Im Rahmen der Forschungseinheit wird die "zeitliche Kohärenz" zwischen den raumgeodätischen Techniken als neuartige Verbindung, die so genannte Uhrenverbindung, eingeführt.
Abschlussmessungen unter Verwendung einer gemeinsamen Uhr und eines gemeinsamen Referenzpunktes für die raumgeodätischen Verfahren werden zunächst am Geodätischen Observatorium Wettzell der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt. Es ist geplant, dass Wettzell über eine Satellitenverbindung (Atomic Clock Ensemble in Space, ACES) per Zeittransfer mit der Satelliten-Laser-Entfernungsmessstation des Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam und dieses wiederum über Glasfaserleitungen mit dem hochpräzisen und stabilen Zeitsystem der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB verbunden sein wird. Dies ermöglicht eine quasi fehlerfreie Kombination der raumgeodätischen Techniken und einen deutlich verbesserten geodätischen Bezugsrahmen - die Grundlage für die genaue Beobachtung unseres Planeten Erde.
Mitglieder der Forschungsgruppe sind: Deutsches GeoForschungsZentrum Potsdam, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig, Technische Universität Berlin, Universität Bremen, Universität Hannover und Universität der Bundeswehr München. Die DFG fördert zehn Projekte mit vier Millionen Euro für die ersten vier Jahre. Die Laufzeit beträgt vier Jahre mit der Option auf eine Verlängerung um weitere vier Jahre.
Sprecher der DFG-Forschungsgruppe
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schreiber
Lehrstuhl für Astronomische und Physikalische Geodäsie, Department Aerospace and Geodesy, TUM School of Engineering and Design